Frage
Hallo,
ich habe hier mal eine Frage in der Hoffnung, dass Sie mir helfen können.
Es geht um Wundversorgungsmaterialien wie z.B. sterile Pinzetten, sterile Unterlagen, sterile Kompressen… Wer kommt finanziell in Altenheimen für diese Sachen auf?
Ich versuche mit einem Bekannten zusammen schon seit längerem heraus zu bekommen, ob Altenheime sterile Arbeitsmittel bei Verbandwechsel vorhalten müssen, oder ob dies von den Bewohnern / Angehörigen organisiert / gekauft werden muss. Leider finden wir nichts Offizielles in den Gesetztestexten, bzw. bei der RKI. Empfehlungen findet man genug, aber keine klare Aussage wer das bezahlt. Vielleicht können Sie uns helfen.
Für Ihre Mühe jetzt schon vielen Dank!!!
Mit freundlichen Grüßen
S. R.
Antwort
Sehr geehrter Herr R.,
während die wiederverwendbaren Materialien wie sterile Pinzetten und Scheren von den Altenheimen vorgehalten werden müssen, können die Verbandmittel ( z.B. sterile Kompressen ) vom behandelnden Arzt verschrieben werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. C. Münter
Frage
Sehr geehrter Expertenrat,
ich arbeite für einen Ambulanten Pflegedienst…
vermehrt treten Probleme bezüglich Bewilligungen auf, in denen die Kompressionsverbände deutlich reduziert werden mit der Begründung, dass durch moderne Kompressionsverbände die Frequenz in Verbindung mit Wundverbänden (Ulcus cruris) reduziert wird.
Ich frage mich nun: was ist ein moderner Kompressionsverband, bei welchem es ausreicht diesen 2x wöchentlich anzulegen und der bis zu 3 Tage halten soll.
Vielen Dank im Voraus
Antwort
Guten Morgen,
vielen Dank für Ihre Frage. Es handelt sich dabei um sog. Mehrkomponentenverbände. Sie bestehen in der Regel aus einer (oder mehreren) Polsterbinde(n)und einer kohäsiven (klebt auf sich selber) Fixierbinde. Je nach Hersteller haben diese Verbände auch optische Hilfen (z.B. Kreise) zum Abschätzen des erzielten Andruckes.
Diese Verbände sind zum Einsatz in der Behandlung venöser Beingeschwüre gedacht und können tatsächlich 3-4 Tage am Bein bleiben. Sie unterliegen den gleichen Kontraindikationen wie konventionelle Kompressionsverbände und sind Einmalprodukte.
Viele Grüße
Dr. C. Münter
Frage
Wir haben in unserer Altenhilfeeinrichtung sehr viele Bewohner mit Pergamenthaut- muss bei jeder Hautläsion eine eigene Wunddokumentation mit Foto angelegt werden oder genügt der Vermerk der entsprechenden ärztlichen Verordnung im Dokumentationsblatt ?
Antwort
Liebe Frau S.,
ich würde Ihnen dringend raten, jede Hautläsion zu dokumentieren. Gerade bei Pergamenthaut könnte es zum Verdacht auf Pflegefehler (zu hartes Anfassen z.B.) kommen und Sie sind mit einer Dokumentation immer auf der sichereren Seite.
Viele Grüße
Dr. C. Muenter
Frage
Unser Patient ist mit einem Dekubitus Gr. 3 aus dem Krankenhaus entlassen worden. Bereich Kreuzbein, Wundöffnung war 1,2 cm Tiefe 4,0 cm; Austritt von Eiter ..wir haben ein chirurg. Debridement empfohlen. Der Hausarzt sah jedoch keine Notwendigkeit darin. Inzwischen ist der Patient operiert worden. Nun verordnet er Ringelblumenurtinktur alle 2 Stunden Pat. wird vom Arzt angeleitet; Der Patient soll den Verband selbst durchführen; Pflegedienst 1x täglich kontrollieren. Die Wunde ist 4,5 B x 5,0 L, Tiefe 4,1cm. Wir haben eine Versorgung abgelehnt, Pat. hat seit Anwendung der Tinktur durch den Arzt Schmerzen und Brennen. Wir hatten eine Alternativlösung vorgeschlagen, da der Arzt moderne Wundversorgung ablehnt: sterile Kompressen mit NaCl 0,9%; Abdeckung mit Zetuvit.
Wie können wir uns juristisch verhalten, da der Arzt sagt, wir halten uns nicht an seine ärztliche Anordnung?
Antwort
Liebe Frau R.,
Sie haben ordnungsgemäß remonstriert, d.h. den Arzt auf sein fehlerhaftes Verhalten hingewiesen und Alternativen vorgeschlagen (unbedingt dokumentieren). Mehr geht nicht – entweder Sie legen die Versorgung des Patienten nieder oder Sie tun was der Arzt von Ihnen verlangt.
Viele Grüße
Dr. C. Muenter
Frage
Hallo,
ich habe eine Frage zur Fotodokumentation in der Wundversorgung.
Unsere neue PDL teilte mir mit, dass Wunden nicht mehr fotografiert werden müssen, sondern eine genaue Beschreibung in der Wunddokumentation ausreichend ist.
Stimmt dies?
Antwort
Guten Abend Frau N.,
in der Tat sind Sie nicht verpflichtet, eine Wunde fotografisch zu dokumentieren. Wenn Sie allerdings auf Fotos gänzlich verzichten, setzen Sie sich selber sehr unter Druck die Wunde textlich und grafisch ausreichend zu beschreiben. Aus der Korrekturversion des Expertenstandards für Menschen mit chronischen Wunden, die die Grundlage für die Neuformulierung dieses Standards in 2015 ist, habe ich Ihnen einen entsprechenden Absatz kopiert:
„Die Dokumentation der Wunde durch eine Fotografie ist kein Ersatz für eine schriftliche Dokumentation, da die Dreidimensionalität von Wunden, Unterminierungen/Vertunnelungen und Farben nur mangelhaft dargestellt werden. Wenn Fotografien zur Unterstützung der Dokumentation eingesetzt werden, so müssen sie strikt standardisiert erstellt werden. Bei wiederholter Fotografie einer Wunde sollten z. B. immer Abstand, Winkel, Belichtung und Kameramodell gleich sein. Vorteil der Fotodokumentation ist eine kontaktarme Befundung der Wunde und eine visualisierte Nachvollziehbarkeit des Wundverlaufs, z. B. auch für Patientinnen/Bewohnerinnen und Angehörige.“
Eigentlich gibt es keinen nachvollziehbaren Grund auf diese schnelle und leicht anzuwendende Hilfe zu verzichten.
Viele Grüße
Dr. Münter
Frage
Ich suche Angaben zur Prävalenz/Inzidenz vom DFS in der Gesamtzahl chronischer Wunden. Gehen diabetische Ulcera hierbei als Druckgeschwüre in die Statistik ein oder können sie von arteriellen nicht (immer) differenziert werden? Man liest immer die häufigsten Formen chronischer Wunden seien Ulcus cruris venosum – dann mixtum- dann arterielles Ulcus….wo steht das Diabetische Fußsyndrom? wo der Dekubitus? Quellen?
Antwort
In der Tat werden die von Ihnen erwähnten Angaben in der Literatur tradiert, meist ohne Angaben besonderer Quellen. Belastbare Zahlen z. B. für Gesamtdeutschland gibt es wohl auch nicht. Für die Phlebologie liegen immerhin Zahlen aus der Bonner Venenstudie (Rabe , 2003) vor. Schätzungen zu der Verteilung chronischer Wunden haben z.B. die Professoren Augustin und Debus aus dem UKE vorgelegt (die genaue Quelle wäre sicher im Comprehensive Wound Center – CWC – des UKE zu erfragen).
Herzliche Grüße Dr. Münter
Frage
Vielen Dank für die prompte Antwort und wenn ich darf schieße ich gleich noch eine nach…woher kommt es, dass das DFS nicht den Ulcera zugeordnet ist, sondern gesondert (zumindest bei den meisten Quellen) aufgezählt wird….letztendlich handelt es sich doch beim DFS auch um ein Ulcus cruris……
Antwort
Das DFS ist ein „Syndrom“, d.h. es fasst mehrere Symptome zusammen – u.a. die polyneuropathischen Veränderungen, die Knochenveränderungen, die arteriosklerotischen Veränderungen. Das „diabetische Fußulcus“ hingegen ist ein Ulcus cruris (ein „Geschwür“ am Fuß) aber es ist eben nur ein Teil des Diabetischen Fußsyndroms.
Herzliche Grüße Dr. Münter
Frage
Ich hätte gerne eine Info/ein Rat! Was kann ich dem Pflegepersonal sagen, wenn noch keine ärztliche Verordnung vorliegt, aber die Wunde eine Abdeckung benötigt. Zum Beispiel, weil Wochenende/ Feiertag ist? Auch aus rechtlichen Gründen! Was darf man dann verwenden? Reicht eine gute Begründung ect. pp. Vielen Dank schon mal. Viele Grüße
Antwort
Das sachgemäße sterile Abdecken einer Wunde ist auch ohne ärztliche Anordnung erlaubt, ja sogar geboten. Examiniertes Pflegepersonal wird immer in der Lage sein, eine adäquate Wundabdeckung auszusuchen (wobei eben das Beste vor Ort befindliche genommen werden muß).
Viele Grüße Dr. Münter
Frage
Ich arbeite in einer Gefäßchirurgischen Abteilung und habe mit vielen chronischen Wunden zu tun. Seit einiger Zeit erhalte ich vermehrt ärztliche Anordnungen, bei Patienten mit offenen und hauptsächlich mit Pseudomonas befallenen Wunden, diese mit Essigsäure zu verbinden.
Ich habe von meiner Remonstrationspflicht Gebrauch gemacht, und nach evidenzbasierten Studien und anderen Veröffentlichungen gefragt, die mir nicht benannt werden konnten. Allerdings gab es wegen der Weigerung den Patienten damit zu versorgen, schwere Diskussionen.
Meine Frage: Kann ich arbeitsrechtlich wegen Arbeitsverweigerung belangt werden? Oder ist der Hinweis, dass Essigsäure kein Arzneimittel ist und auf der Flasche „Nur für den Laborbedarf“ steht, ausreichend?
Vielen Dank für Ihre Mühe.
Antwort
Sehr geehrte Frau Kollegin,
mit dem Thema Essigsäure mussten wir uns in diesem Forum schon einmal beschäftigen (s. Fragen und Antworten Homepage Wundzentrum), allerdings in einer viel harmloseren und fasst etwas lustigen Form. Wenn die Dinge allerdings so eskalieren wie bei Ihnen, hört der Spaß auf. Soweit aus Ihrer Frage zu ersehen, haben Sie odnungsgemäß remonstriert und das sollten Sie auch dokumentieren. Falls Ihnen wirklich arbeitsrechtliche Konsequenzen angedroht werden, sollten Sie sich nach einem Rechtsbeistand (z.B. Gewerkschaft) umsehen und sich ausführlich rechtlich beraten lassen. Dann hätten Sie allerdings sehr schwerwiegende Argumente auf Ihrer Seite und das Verfahren könnte ausgesprochen unangenehm für Ihren Arbeitgeber werden. Im Prinzip sollte bereits der einfache Hinweis auf die Beschriftung der Flasche „Nur für den Laborbedarf“ reichen, um die Anwendung an Patienten auszuschließen und vermutlich wäre das auch jedem Juristen in der Verwaltung Ihrer Klinik klar. Vielleicht hilft ja schon ein Gespräch unter Vermittlung Ihrer Personalvertretung.
Ich werde Ihre Frage aber noch an zwei weitere Mitglieder des Expertengremiums weiterleiten und Sie informieren, falls denen noch zusätzliche Gesichtspunkte einfallen.
Herzliche Grüße Ihr Dr. Münter
Antwort 2
Sehr geehrte Kollegin,
ich möchte mich der Meinung meines Kollegen Dr. Münter anschließen und noch einige Aspekte hinzufügen.
Zum Einen denke ich, dass Sie schleunigst ihre Pflegedienstleitung an ihrer Stelle agieren lassen sollten, dieser Streit wird mit ungleichen Mitteln ausgetragen, dafür ist genau diese Hierarchieebene zuständig.
Zweitens interessieren mich die Inhalte Ihrer Wundstandards (Wundfibel, Leitlinien), von denen ich zu wissen glaube, drittens empfehle ich den baldigen Kontakt zu ihrer Apotheke, die diese Essigsäure herstellt. Fragen Sie bitte die Kollegen (nennen Sie gerne in diesem Zusammenhang meinen Namen, der könnte bekannt sein), was Sie von einer Anwendung der Laborlösung in der Wunde halten und wer dafür juristisch geradesteht.
Weiterhin weise ich als zusätzliches Argument auf die unnötigen Schmerzen hin, die diese Therapie beim Patienten auslöst. Selbst Patienten auf der Intensivstation sollen schmerzfrei versorgt werden (sie könnten es trotz Narkose merken..), wie wird dann Essigsäure gerechtfertigt?
Abschließend kann ich nicht umhin Ihnen für Ihre Linientreue zu danken, es gibt nicht viele Kolleginnen, die bei soviel Widerstand nicht sofort einknicken.
Es ist allerdings leider zu erwarten, dass Ihre weitere Arbeitsatmosphäre durch diesen Vorfall sehr leiden wird, eventuell sind Sie mit Ihrem Wissen und der Absicht, leitliniengerecht zu arbeiten, beim falschen Chefarzt gelandet und sollten einen Wechsel planen.
Ich drücke ihnen den Daumen und wäre für eine kurze Info über den Fortgang dankbar.
Werner Sellmer
Frage
Eine Patientin wurde mit einer schlecht heilenden OP Wunde in unsere Einrichtung entlassen. Im Krankenhaus wurde diese Wunde mit Honig versorgt. Der in unserer Einrichtung behandelnde Arzt, ordnete diese Versorgung mit Honig weiter an. Die PLD in unserem Haus hat uns Pflegefachkräften untersagt nach dieser ärztl. Anordnung zu handeln, weil nicht steril usw. und hat auf den Expertenstandard verwiesen. Dieser wäre wie eine „Bibel“ für uns und absolut verbindlich. Was ist für uns Pflegefachkräfte maßgebend, die ärztliche Anordnung oder der Expertenstandard? Wie ist die konkrete rechtliche Lage?
Antwort
Vielen Dank für Ihre Anfrage.
Der normale handelsübliche Honig ist zunächst einmal ein Brotaufstrich und kein zugelassenes Medizinprodukt bzw. Arzneimittel für die Wundversorgung (Ausnahme, z.B. medizinischer Honig wie Medihoney; ist allerdings in Deutschland weder verordnungs- noch erstattungsfähig). Zudem ist Honig nicht steril, und es nicht nachvollziehbar von welchen Blüten (Abgase, Pestizide, etc.) die Bienen ihren Nektar geschlürft haben; d.h. hier sind sogar häufig noch eine Menge diverser Verunreinigungen mit enthalten. Der alltägliche Haushaltshonig hat somit keine zugelassene therapeutische Indikation. Ich möchte Sie hierzu auch gerne auf unseren Standard „Negativliste“ vom Wundzentrum Hamburg e.V. verweisen (ist über die Homepage abrufbar).
Der von Ihnen angesprochene neue Expertenstandard „Pflege von Menschen mit chronischen Wunden“ besagt in der Kommentierung seiner 3. Ebene Folgendes:
„Pflegefachkräfte übernehmen im Rahmen der Wundversorgung auf der Grundlage einer ärztlichen Anordnung die Verantwortung für die fachgerechte Durchführung der Maßnahmen. Sollte die ärztliche Anordnung nicht dem aktuellen Wissensstand entsprechen, sind sie verpflichtet, diese Maßnahmen abzulehnen (Remonstrationspflicht). So ist beispielsweise die Anwendung von unsterilen Materialien oder der mehrmalige Gebrauch von Einmalmaterial abzulehnen. …“
Die rechtliche Situation sieht so aus, dass die Pflegefachkraft in der Ausübung ihrer Tätigkeiten eine Durchführungsverantwortung hat. Dies bedeutet, dass sie wie in der Aussage des Standards beschrieben, bei solch unsachgemäßen Anordnungen, die Durchführung ablehnen muss. Andernfalls könnte die Pflegefachkraft bei rechtlichen Auseinandersetzungen mit haftbar gemacht werden.
Die Expertenstandards werden zur Zeit in Deutschland als vorweggenommenes Sachverständigengutachten vor Gericht herangezogen. Deshalb sind die darin gemachten Äußerungen für die Pflege eine wichtige Handlungsorientierung. Zudem tritt ab dem 01.07.2008 ein neues Gesetz – das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz – in Deutschland in Kraft. Im SGB XI, §113a wird dort formuliert, dass die Einrichtungen ab diesem Termin alle Expertenstandards verbindlich umsetzen sollen.
Ich hoffe, dass Ihnen diese Informationen weiterhelfen.
Mit den besten Grüßen Kerstin Protz
(Diese Antwort wurde von zwei Mitgliedern des Expertenrates gesehen und auch inhaltlich unterstützt. Trotzdem weisen wir auf die rechtliche Unverbindlichkeit noch einmal gesondert hin.)
Frage
Wir stehen als ambulanter Pflegedienst bei der Pflege von MRSA infizierten Patienten, bes. mit Wunden, aber auch ohne, immer wieder vor dem Problem der Kostenübernahme für zusätzliche Schutzmaßnahmen wie Kittel etc.. Muss der Pflegedienst die zusätzlichen Kosten tragen, der Patient oder die Kasse?
Vielen Dank.
Antwort
In der Ausgabe 1, 2.Jg., Januar 2008 der Fachzeitschrift „WundManagement“ (mhp-Verlag) schreibt Frau Barbara Loczenski (Diplom-Pflegepädagogin) in ihrem Artikel „Versorgung von Patienten mit MRSA-Kolonisation oder -Infektion im Bereich der ambulanten Pflege“ (S.16-20) auf Seite 19 Folgendes:
Finanzierung von Eigenschutzmaßnahmen
„Die Finanzierung von Eigenschutzmaßnahmen für die Mitarbeiter wird in den Rahmenverträgen, die die Kassen mit den Anbietern ambulanter Dienste geschlossen haben, geregelt und obliegt somit den Anbietern. Das führt dazu, dass seitens der Kassen keine weitere finanzielle Unterstützung für die Bereitstellung von Schutzkleidung, Handschuhen etc. bereitgestellt wird. Den pflegenden Angehörigen kann auf Antrag bei den Kassen ein monatlicher Beitrag von max. 31,-? gewährt werden, wenn innerhalb der Familie Eigenschutzmaßnahmen wie Schutzkleidung/Handschuhe etc. aufgrund spezieller Gefährdung von Familienmitgliedern notwendig werden.“
Insbesondere für den ambulanten Bereich bedeutet diese notwendige Ausstattung somit eine zusätzliche wirtschaftliche Belastung, da diese Kosten nicht von den Krankenkassen übernommen werden, sondern in die Organisationsverantwortung einer jeden Einrichtung fallen.
Bei aufwändigen Versorgungen, die deutlich über das honorierte Zeitmaß (von in der Regel 10 Minuten für einen Verbandwechsel) hinausgehen, besteht die Möglichkeit für ambulante Pflegedienste bei den Kostenträgern Sonderentgelte zu beantragen. Durch dieses aufgestockte Budget ist der Einsatz von zum Beispiel zusätzlich benötigten Materialien/Schutzkleidung weniger defizitär.
Herzliche Grüße Kerstin Protz
Frage
Ist eine Standardgröße für den Ausdruck von Fotos vorgeschrieben?
Antwort
Zum Ausdruck von Fotos gibt es keine vorgeschriebene Größe. Für weitere Inhalte würde ich gerne auf unseren Standard zur Fotodokumentation auf der Homepage verweisen. Generell müssen Fotos auch nicht ausgedruckt werden. Wenn z.B. per EDV dokumentiert wird, ist es völlig ausreichend, die Fotos auch per EDV abzuspeichern. Dies wäre eine doppelte Dokumentation, wenn die Fotos jedes Mal noch mit ausgedruckt werden müssten. Zudem kommen wirtschaftliche Aspekte wie Druckerpatronen und ggf. Kosten für Fotopapier dazu.
In der Pflege sind Fotos zudem keine generelle Pflicht (steht auch im neuen Expertenstandard „Pflege von Menschen mit chronischen Wunden“) aber eine zusätzlich unterstützende Visualiserung zur schriftlichen Wunddokumentation.
K. Protz
Frage
Welche gesetzlichen Grundlagen gelten für die Wundversorgung und wo findet man sie?
Antwort
Das „Expertenteam“ wurde für diese umfassende Anfrage ausgeweitet. Wir danken Herrn Kreile sehr für umfangreiche Recherchen zu diesem Thema. Auf seine Bitte hin erreichte uns die folgende Zusammenstellung.
Die aufgeführten Rechtsquellen bilden insgesamt die Grundlagen für die Wundversorgung. Anders als im angelsächsischen Recht mit seinen Präzedenzfällen, muss im deutschen Recht immer vom allgemeinen Rechtsgrundsatz auf den konkreten Fall herunter gebrochen werden, was die Sache nicht einfacher macht. Hinzu kommt, dass die Normenhierarchie eingehalten werden muss. Die hier aufgeführten Rechtsquellen zum Thema Wundversorgung bleiben in der Normenhierarchie des deutschen Rechts.
Es sind nicht weniger als 13 Rechtsquellen, die hierfür die Grundlage bilden. Sie sind nachstehend aufgelistet. Fortsetzung steht zu erwarten.
Grundgesetz:
· Artikel 2, Recht auf körperliche Unversehrtheit
· Artikel 34, Haftung bei Amtspflichtverletzung
BGB:
· § 276, Abs. 1 und 2, Haftung für eigenes Verschulden
· § 277, Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten, grobe Fahrlässigkeit
· § 278, Verschulden für Erfüllungsgehilfen
· § 287, erweiterte Haftung
· § 611, Abs.1 und 2, Wesen des Dienstvertrages
· § 823, Schadensersatzpflicht
· § 826, sittenwidrige vorsätzliche Schädigung
· § 827, Abs. 1 und 2, Ausschluss und Minderung der Verantwortlichkeit
· § 831, Haftung für Verrichtungsgehilfen
· § 839, Haftung bei Amtspflichtverletzungen
StGB:
· § 10, der Täter erkennt die Gefahr, die von seinem Tun ausgeht
· § 222, fahrlässige Körperverletzung
· § 330c, unterlassene Hilfeleistung
· Heilkundegesetz § 1 bis 4
· Krankenpflegegesetz
· Altenpflegeausbildungsgesetz
SGB V:
· § 12, Wirtschaftlichkeitsgebot
· § 37, Verordnung über häusliche Krankenpflege
SGB XI:
· § 69, Sicherstellungsauftrag
· § 80, Maßstäbe und Grundsätze zur Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität
Pflegequalitätssicherungsgesetz :
Fortbildung von 10 Stunden im Jahr
Arzneimittel – und Medizin Produkte Gesetz:
Stoffe, die nicht als Arzneimittel zugelassen und nicht nach dem Medizin Produkte Gesetz zugelassen sind dürfen nicht auf eine Wunde aufgebracht, bzw. zu deren Behandlung eingesetzt werden.
Expertenstandards mit der Thematik chronische Wunden, Schmerzmanagement
Hygienevorschriften
Verfahrensanweisungen / Hausstandards der stationären Einrichtungen, sofern sie nicht den o.g. Quellen zuwider laufen.
Jürgen Woscidlo Fachwirt im Sozial- und Gesundheitswesen (IHK)
Frage
Sehr geehrter Expertenrat!
Ich möchte mit Einverständnis des behandelnden Arztes eine Wunde mit Lavasept Gel versorgen. Der Arzt hat mir jetzt mitgeteilt, dass er mir das Gel nur auf einem Privatrezept rezeptieren kann, weil er dafür kein Kassenrezept ausstellen darf. Es sei in seinem System nicht vorgesehen. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie dazu Stellung nehmen würden.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
Leider stimmt die Aussage des Arztes. Antiseptika sind grundsätzlich nicht verordnungsfähig (wie z.B. auch Grippemittel). Lavasept kann also nur zu Lasten der Patienten verschrieben werden.
Dr. Münter
Frage
Ich habe eine Nachfrage zur Stadieneinteilung. Wir beurteilen nach EPUAP.
Was mich und auch andere Mitarbeiter immer mal wieder irritiert und uns ein schlechtes Gewissen bereitet ist die Einschätzung von Nekrosen. Sie wird in Grad III und Grad IV vorgegeben. Wir beschreiben eine Nekrose als Nekrose (da Dekubitusgrad nicht einschätzbar) und erst nach Debridement kommt die korrekte Einstufung. Wie sieht das rechtlich aus? Kann das falsch ausgelegt werden?
Beispiel: Patient mit Fersennekrose, der nach Entfernung darunter einen Grad II in Abheilung zeigte. Wäre dieser Pat. mit Grad III oder IV eingeschätzt worden, was dann? Bei Pat. mit pAVK, Diab. Fußsyndrom etc. können Nekrosen doch auch nicht als Dekubitus III oder IV gestuft werden
Antwort
In der Tat ist es natürlich oft schwierig, primär einen dritt- von einem viertgradigen Dekubitus zu unterscheiden, der sich ja durch die Beteiligung des Knochens, also sehr tiefer Strukturen auszeichnet. Ich sehe aber keine juristische Gefahr darin, hier einen Fehler zu machen, da ja beide Grade in jedem Fall behandelt werden müssen (Debridement). Mit der Nekrose bei pAVK oder Diab. Fuß ist eine Dekubitus-Nekrose natürlich nur bedingt vergleichbar, aber immerhin ist ja die Einteilung beim Diab. Fuß nach Wagner und auch nach Armstrong durchaus ähnlich. Die größere Gefahr sehe ich eher darin, einen Dekubitus als zweitgradig einzuschätzen und ggf. zulange konservativ zu behandeln, obwohl es sich letztendlich schon um Grad 3 (bis 4) handelt.
Ich hoffe erst einmal, die wichtigsten Fragen beantwortet zu haben.
E. Schäfer
Frage
Immer wieder verordnen die Hausärzte unsterile Kompressen für die Wundreinigung. Die Argumente sind dann: die Wunde ist sowieso nicht sauber, sterile Kompressen braucht man nicht, man hat doch das Desinfektionsmittel, das ist zu teuer, das geht alles auf mein Budget.
Ich hätte gerne Argumentationshilfen.
Danke.
Antwort
Grundsätzlich sollten Behandler (Ärzte und Pflegefachkräfte) zunächst entscheiden, ob sie überhaupt die Behandlung einer Wunde übernehmen wollen. Wer dies nicht möchte oder sich dazu nicht in der Lage fühlt sollte das seinen Patienten gegenüber begründen und die Behandlung abgeben.
Wenn man sich aber entschlossen hat, eine Behandlung zu beginnen, dann ist man auch verpflichtet nach den Regeln der Kunst alles mögliche zu versuchen, um den Patienten zu helfen, mindestens jedoch ihnen nicht zu schaden (nil nocere). Wer durch planmäßigen Gebrauch unsterilen Verbandmaterials Keime in eine chronische Wunde einbringt, wird sich fragen lassen müssen, ob er diesem Grundsatz noch gerecht wird. Rechtlich ist die Situation leider völlig klar und betrifft z.B. auch die Verwendung von angeschnittenen Resten ursprünglich steril verpackten Materials, sowie den Gebrauch von sterilen Instrumenten und / oder sterilen Handschuhen. Budgets spielen weniger eine Rolle, zumal eine eindeutige Dokumentation des Verwendungszweckes steriler Materialien selbst im Falle einer Wirtschaftlichkeitsprüfung eine ausreichende Grundlage zur Argumentation wäre.
Hilfreich in der Diskussion mit den betroffenen Hausärzten wären evtl. die Wundzentrum Hamburg Leitlinien zum Verbandwechsel (ambulant / stationär) – zu finden auf unserer Homepage.
Beste Grüße Dr. Münter
Frage
Wir sind ein ambulanter Pflegedienst und in folgender Situation: Der Hausarzt möchte, dass wir die chronische Wunde einer Patientin mit Haushaltszucker verbinden. Daraus ergibt sich für die Pflegekräfte ein Konflikt, weil sie diese Anordnung nicht befolgen, der Arzt aber 1x wöchentlich mit Haushaltszucker verbindet. Können sie mir eine Bewertung von Haushaltszucker als Wundauflage geben um Argumente gegenüber dem Arzt zu haben?
Antwort
Ich unterstelle, dass die Wunde umfassend diagnostiziert und eingeschätzt wurde (Ursache, Erhaltgründe) und dass die nötige Kausaltherapie durchgeführt wird (je nach Wundart Druckentlastung, Kompression oder Gefäßchirurgie…). Somit ginge es nur noch um eine zweckmäßige Lokaltherapie – da ist natürlich Haushaltszucker indiskutabel.
Zucker hat nicht die Eignung als Arzneimittel, ist nicht steril und geprüft und erfüllt somit rein rechtlich keine Anforderung an ein Wundtherapeutikum. Zucker als polysaccharidisches Produkt müsste (steril und geprüft analog Debrisorb-Puder oder Paste, die es jedoch per Verbot der Zulassung seit 4 Jahren nicht mehr gibt) mindestens ZWEIMAL TÄGLICH gewechselt werden und ist nur in der Reinigungsphase überhaupt zu begründen. Ein wöchentlicher Verbandwechsel, wie Sie ihn schildern, ist sicherlich mit jedem nur denkbaren Gutachter (sogar dem MDK) als Körperverletzung zu begründen – dem Kollegen drohen – wenn es sich wirklich so zuträgt – berufsständische Konsequenzen. Klagen muss hier allerdings der Patient oder ein verantwortlicher Angehöriger und zwar u.a. auf entgangene Lebensqualität.
Sie, als Pflegedienst müssen die Verantwortung für diese Therapie ablehnen (Remonstration durch den/ die PDL) und sollten die Kasse über diese Vorgehensweise und Ihre Reaktion darauf informieren.
Literatur zu diesem Thema finden Sie in jedem anerkannten Lehrbuch zur modernen Wundversorgung, jeder Wundfibel im Bundesgebiet und auf der Homepage des Wundzentrums Hamburg e.V. (Standards, Negativliste).
Werner Sellmer
Frage
Als ambulanter Pflegedienst wurden wir mit folgendem Therapievorschlag eines Arztes konfrontiert:
Diagnose laut Verordnung: Ulcus Cruris linker Knöchel, koronare Herzkrankheit, HOPS, Raynaud-Syndrom.
Behandlungspflege: Wundverband mit Flammazinesalbe, täglich
Als Indikationen sind uns sonst nur Verbrennungen / Verbrühungen bekannt. Bitte teilen Sie uns Ihre Einschätzung mit
Antwort
Die Verwendung von Arzneimittel außerhalb Ihrer Zulassung wird als Off-Label-Use bezeichnet und ist rechtlich nur in Fällen zulässig, wo die Standardtherapien versagt haben, Gefahr für Leib und Leben besteht oder die Zulassung auf Grund existierender Studien bald zu erwarten ist. Im Regelfall zahlen Kassen den Off-Label-Use nicht (s. Anlage). In dem von Ihnen geschilderten Fall werden Wunden eines Patienten mit Flammazine behandelt. Dieses Lokalantibiotikum hat in Deutschland nur die Zulassung zur Behandlung von Verbrennungen und Verbrühungen.
Folgende Schlussfolgerungen sind für mich zu ziehen:
Der behandelnde Arzt missbraucht offensichtlich seine Therapieverantwortung und behandelt ohne Not (es gibt ausreichende Alternativen) im Off-Label-Use.
Sie dürfen als Pflegedienst diese Therapieanweisung nicht ausführen (Mitverantwortung) sondern haben hier zu remonstrieren. Sie sollten zeitgemäße Alternativen zu der angeordneten Therapie empfehlen (bei infizierten Wunden Polyhexanid, Octenidin oder PVP-Jod, bei nichtinfizierten Wunden feuchte Wundauflagen), das Hauptaugenmerk sollte der Wundursache und der nötigen Kausaltherapie gelten, bei Therapieresistenz ist ggf. ein dermatologisches Gutachten zu empfehlen. Ggf. ist die Information von Angehörigen zu empfehlen. Der Patient kann auf Nachfrage an einen anderen Wundbehandler empfohlen werden.
In der Anlage finden Sie zur besseren Kommunikation die Konsensusempfehlung zur Wundantiseptik (am Ende die Negativliste, Silbersulfadiazin ist obsolet), die Negativliste des Wundzentrums Hamburg e.V. (siehe Standards).
Werner Sellmer
Frage
Bei einer Überprüfung unserer Wunddokumentation durch unser internes Qualitätsmanagement wurde mir mitgeteilt, dass bei der Wundbeschreibung der Dekubitusgrad nicht verbessert werden dürfe.
Als Beispiel:
Ein Dek. Grad III verbessert sich auf Grad II, in der Dokumentation müßten wir dann schreiben: Zustand nach Dekubitus Grad III und dann die Beschreibung.
Ich habe ehrlich gesagt immer den Dekubitusgrad angepasst, also bei einem verbesserten Dekubitusgrad auch den aktuellen Grad aufgeschrieben, bei einem verschlechterten Grad natürlich auch den schlechteren Grad aufgeschrieben und immer die Beschreibung dazu.
Meine Frage: Was ist fachlich richtig?
Antwort
Generell bleibt ein Dekubitus Grad 3, auch wenn dieser abheilt, immer ein Dekubitus Grad 3.
Man würde dann von einem abgeheilten Dekubitus Grad 3 sprechen. Das bedeutet, dass nicht wieder runtergraduiert wird. Wichtig ist, dass zusätzlich immer angegeben wird, nach welcher Klassifikation die Gradeinteilung erfolgt, da es ca. 20 verschiedene Dekubitusklassifikationssysteme gibt. Zeitgemäß sind heute die Gradeinteilungen nach NPUAP/EPUAP.
Ein Dekubitus kann sich allerdings von einem niedrigeren auf einen höheren Grad verschlechtern.
Kerstin Protz