Frage
Sehr geehrte Experten,
ich pflege z.Z. eine am Rollator leidlich mobile Patientin mit Fersendekubitus Kathegorie II und gleichzeitig vorliegender venöser Insuffizienz. Darf ich das betroffene Bein trotzdem mit Wickelung kompromieren, auch über dem Dekubitus?
Vielen Dank für Ihre Antwort!
A. S.
Antwort
Liebe Frau S.,
herzlichen Dank für Ihre interessante Frage. Es kommt auf die Durchblutungssituation an. Theoretisch ist ein Dekubitus auch an einer mittel – bis gut durchbluteten Ferse denkbar, allerdings ist das nicht wahrscheinlich. Es muß unbedingt abgeklärt werden, wie die arterielle Durchblutung des Fußes ist, bevor Sie das Bein komprimieren. Hierzu eignet sich eine dopplersonografische Untersuchung mit der Bestimmung des Knöchel-Arm-Druck-Indexes (KADI). Ohne eine solche Untersuchung tragen Sie das Risiko, falls sich die Durchblutung des Fußes durch die Kompression verschlechtert. Der die Untersuchung durchführende Arzt wird dann die Kompression freigeben oder nicht und trägt damit auch die Verantwortung.
Viele Grüße
Dr. C. Münter
Frage
Unser Patient ist mit einem Dekubitus Gr. 3 aus dem Krankenhaus entlassen worden. Bereich Kreuzbein, Wundöffnung war 1,2 cm, die Tiefe 4,o cm, Austritt von Eiter. Wir haben chirurgisches Debridement empfohlen. Hausarzt sah jedoch keine Notwendigkeit darin.
Inzwischen ist der Patient operiert worden. Nun verordnet er Ringelblumenurtinktur alle 2 Stunden. Der Patient wird vom Arzt angeleitet. Der Patient soll den Verbandwechsel selbst durchführen, Pflegedienst 1x täglich kontrollieren. Die Wunde ist inzwischen 4,5 Breite x 5,0 Länge, Tiefe 4,1cm.
Wir haben eine Versorgung abgelehnt. Der Patient hat seit Anwendung der Tinktur durch den Arzt Schmerzen und Brennen. Wir hatten eine Alternativlösung vorgeschlagen, da der Arzt moderne Wundversorgung ablehnt: sterile Kompressen mit Nacl 0,9%, Abdeckung mit Zetuvit.
Wie können wir uns juristisch verhalten, da der Arzt sagt, wir halten uns nicht an seine ärztliche Anordnung?
Antwort
Liebe Frau R.,
Sie haben ordnungsgemäß remonstriert, d.h. den Arzt auf sein fehlerhaftes Verhalten hingewiesen und Alternativen vorgeschlagen (unbedingt dokumentieren). Mehr geht nicht – entweder Sie legen die Versorgung des Patienten nieder, oder Sie tun, was der Arzt von Ihnen verlangt.
Viele Grüße
Dr. C. Münter
Frage
Als ambulant tätige PFK betreue ich auch eine Klientin mit einer Sakralwunde III°. Diese Wunde hat sie sich vor über einem Jahr durch einen längeren Krankenhausaufenthalt zugezogen. Die Hausärztin behandelt diese Wunde nur mit NaCl und Kompressen. Im auslaufenden Jahr 2013 fragten die Betroffene und ihre Angehörigen mich nach Alternativen. Da ich am Wundstammtisch hier in Lübeck teilgenommen hatte, wusste ich über geeignete Verbandmaterialien etwas und gab die Informationen an die Betroffenen weiter. Leider lehnte die Hausärztin aus Kostengründen weiter die adäquaten Verbandmaterialien ab. Wie kann den Betroffenen geholfen werden, da die Wundbehandlung wohl schon vier Jahre mit NaCl geschieht?
Antwort
Zunächst sollte man sich immer darüber im Klaren sein, ob es sich um eine Situation handelt, in der grundsätzlich eine Heilung der Wunde noch möglich ist und angestrebt wird, auch wenn man der Patientin Schwierigkeiten zumuten muss. Sollte dies der Fall sein, dann wäre- nach nunmehr jedenfalls langer Behandlungszeit (aus Ihrer Mail geht nicht klar hervor, ob es sich um eine ein- oder vierjährige Therapiedauer handelt) der Rat eines Plastischen Chirurgen einzuholen (in Lübeck sicher erhältlich in der Uni-oder in der Sana Klinik). Muss man hingegen von einer Palliativen Situation ausgehen, kommt es darauf an Schmerzen, Infektion und Ausweitung des Dekubitus zu vermeiden. Dass nach drei Jahren alleine durch einen Wechsel der Wundauflage eine Heilung zu erreichen wäre, klingt unwahrscheinlich.
Herzliche Grüße
Dr. Münter
Frage
Wir betreuen eine multimorbide, beatmete Patientin, die wir mit einem Dekubitus am Steiß, Grad III mit festen Fibrinbelägen auf ca. handtellgroßen Fläche, übernommen haben. Um die Pat. möglichst wenig zu belasten durch Transport, Anästhesie und Schmerzmed., würden wir gerne mit Maden arbeiten. Wie ist da z.Z. der Stand? Erstattungsfähig? Welcher Lieferweg ist am besten? Wer würde mich ggf. unterstützen?
Antwort
Soweit ich weiß sind Maden zwar verordnungs- aber nicht erstattungsfähig. Müssten also von der Patientin bezahlt werden. Zudem stellt sich die Frage, wie Sie die Maden bei einer liegenden, beatmeten Patientin so in die Wunde einbringen wollen, dass sie nicht vom Gewicht der Patientin erdrückt werden. Zuallererst frage ich mich aber immer, ob ich kurativ (also auf Heilung hoffend) arbeiten kann, oder ob es sich realistischerweise eher um eine Palliativversorgung handelt. Im zweiten Fall würde ich eine Fibrinplatte / Nekrose eher belassen.
Herzliche Gruesse
Dr. Münter
Frage
Ich arbeite im Pflegeheim. Zurzeit haben wir eine adipöse Bewohnerin mit einem Dek. 3. Grades. Sie ist immobil und hatte starke Diarrhoe. Dagegen erhielt sie vorerst einen Darmkatheterbeutel. Sie wird stündlich gelagert. Allerdings kann man auch da bei ihr schon Rötungen entdecken, die auch bleiben. Der Dekubitus am Steiß ist ca. 2x2cm und mind. 3cm tief. Eine starke Exsudation ist ebenfalls zu beobachten. Die Wundumgebung ist unauffällig. Momentan verbinden wir mit Alginat als Wundtamponade und als Sekundärverband einen Draco Foam. Man hat das Gefühl, dass keine Besserung eintritt. Würde ein polymer (z.B. askina foam cavity) bessere Erfolge bringen? Der Verbandswechsel ist für die Bewohnerin immer sehr schmerzhaft, wäre daher eine Schmerztherapie zwingend erforderlich? Was können wir noch tun, um eine möglichst schnelle Heilung zu erzielen? Die Bewohnerin erhält zusätzlich eiweissreiche und vitaminreiche Kost.
Antwort
Vielen Dank für Ihre interessante Frage.
Es handelt sich sicher um eine sehr schwierige Situation. Leider erwähnen Sie das Alter der Patientin, ihre Grundkrankheiten und die verwendeten Lagerungshilfen in Ihrer Frage nicht. Es wären gegebenenfalls chirurgische Maßnahmen zur Deckung des Dekubitus erforderlich. Auch könnte man eine Vakuumtherapie erwägen. Eine Schmerztherapie erscheint auf jeden Fall notwendig! Das alleinige Auswechseln der Wundauflage erscheint mir nicht erfolgversprechend.
Mit freundlichen Grüßen Dr. Münter
Frage
Wir haben immer wieder Probleme mit Dekubitus im Sakralbereich bei bettlägerigen Patienten. Gibt es einen Tipp, wie man die Wundauflagen so fixiert, dass sie nicht nach wenigen Stunden abrollen trotz Extrafixierung mit opsite flexifix.
Antwort
Generell ist es sicherlich nicht so einfach, in der Sakralregion Wundauflagen adäquat zu fixieren. Es gibt dafür auch leider kein Patentrezept. Eine verstärkte Haftung erzielt eine spezielle Klebetechnik. Hierbei wird die Wunde zunächst mit Streifen von semipermeabler Transparentfolie umklebt und darauf der Verband appliziert. Die Klebeflächen der Wundauflage haften auf der Folie und nicht auf der Haut. Abschließend sorgt die umlaufende Fixierung der Wundabdeckung mit Transparentfolie zusätzlich für einen sicheren Halt.
Ggf. kann auch zusätzlich „Cavilon“ eingesetzt werden, der die Klebkraft der Wundverbände verstärkt. Allerdings verursacht dies auch wieder zusätzliche Kosten.
Kerstin Protz
Frage
Ich habe eine Nachfrage zur Stadieneinteilung. Wir beurteilen nach EPUAP.
Was mich und auch andere Mitarbeiter immer mal wieder irritiert und uns ein schlechtes Gewissen bereitet ist die Einschätzung von Nekrosen. Sie wird in Grad III und Grad IV vorgegeben. Wir beschreiben eine Nekrose als Nekrose (da Dekubitusgrad nicht einschätzbar) und erst nach Debridement kommt die korrekte Einstufung. Wie sieht das rechtlich aus? Kann das falsch ausgelegt werden?
Beispiel: Patient mit Fersennekrose, der nach Entfernung darunter einen Grad II in Abheilung zeigte. Wäre dieser Pat. mit Grad III oder IV eingeschätzt worden, was dann? Bei Pat. mit pAVK, Diab. Fußsyndrom etc. können Nekrosen doch auch nicht als Dekubitus III oder IV gestuft werden.
Antwort
In der Tat ist es natürlich oft schwierig, primär einen dritt- von einem viertgradigen Dekubitus zu unterscheiden, der sich ja durch die Beteiligung des Knochens, also sehr tiefer Strukturen auszeichnet. Ich sehe aber keine juristische Gefahr darin, hier einen Fehler zu machen, da ja beide Grade in jedem Fall behandelt werden müssen (Debridement). Mit der Nekrose bei pAVK oder Diab. Fuß ist eine Dekubitus-Nekrose natürlich nur bedingt vergleichbar, aber immerhin ist ja die Einteilung beim Diab. Fuß nach Wagner und auch nach Armstrong durchaus ähnlich. Die größere Gefahr sehe ich eher darin, einen Dekubitus als zweitgradig einzuschätzen und ggf. zulange konservativ zu behandeln, obwohl es sich letztendlich schon um Grad 3 (bis 4) handelt.
Ich hoffe erst einmal, die wichtigsten Fragen beantwortet zu haben.
E. Schäfer